Unsere Geschichte
Von Menschen. Für Menschen. Seit 1948
Hanna Jordan
Hanna Jordan wurde 1921 in Elberfeld geboren und wuchs im Zooviertel im weltoffenen, gastfreundlichen Haus ihrer Eltern auf. Henriette Jordan war Jüdin, Franz Jordan gehörte der christlichen Friedenskirche der Quäker an. Die Judenverfolgungen im Dritten Reich zwangen Mutter und Tochter in den Niederlanden unterzutauchen.
Hanna Jordan überlebte den nationalsozialistischen Massenmord und entschied sich nach Rückkehr in ihre Heimatstadt Wuppertal bewusst gegen Hass sondern für ein Engagement für Frieden, Toleranz und Demokratie.
Am Ostersbaum wurde Hanna Jordan auf die Situation um den Bunker am Platz der Republik aufmerksam, die sie als ganz besonders dramatisch beschrieb. Nach Kriegsende waren viele Wohnhäuser zerstört und die Menschen lebten im Bunker auf engstem Raum. Vor allem den Kindern mangelte es nicht nur an ausreichender Ernährung, sondern auch an Licht und frischer Luft. Es bestand keine Aussicht, in absehbarer Zeit in menschenwürdigen Wohnraum umziehen zu können. Erst 1957 konnten die letzten Bewohner den Bunker endgültig verlassen.
Gründung des Nachbarschaftsheim Wuppertal e.V.
Zusammen mit ihrer Mutter Henriette und unterstützt von schwedischen und amerikanischen Quäkern gründete Hanna Jordan am 07. Juli 1948 den Verein Nachbarschaftsheim Wuppertal e.V. Im Nationalsozialismus hatten die Quäker verfolgten Juden zur Emigration und Flucht verholfen, nun waren sie die ersten, die nach Kriegsende den geächteten Deutschen Hilfe anboten, „ohne sie (…) von ihrer historischen Verantwortlichkeit für das Gewaltregime und seine Verbrechen“ [350 Jahre Quäker, in: Magazin des deutschen Historischen Museums, Nr. 15 (1995/96)] zu entlasten. Es ging ihnen darum, intolerante und rassistische Einstellungen zu durchbrechen. Das Nachbarschaftsheim war als „Experiment in Demokratie gedacht, als Beitrag zur Förderung demokratischer Verhaltensweisen im Deutschland nach Hitler.“
Ein Experiment in Demokratie
Nach seiner Eröffnung im Juli 1949 wurde das Nachbarschaftsheim für viele Bewohner*innen des zerstörten Stadtteils ein zweites Zuhause. Mit Hilfe der Quäker Helene und Karl Klein und einer großzügigen Spende wohlhabender Wuppertaler Bürger hatte Hanna Jordan bei einem Aufenthalt in Schweden die Bauteile für eine Baracke organisiert, sie für den Transport verpacken und nach Wuppertal verschicken lassen, wo sie dann an den Bunker angebaut wurden. Hier wurden nun moderne Formen der Gruppenpädagogik mit Kindern und Jugendlichen angewandt, die Verteilung von CARE-Paketen organisiert und eine Nähstube eingerichtet, in der aus ausgedienten Armeemänteln und Fallschirmseide Kleidung hergestellt wurde. Am Abend tanzte die Jugend nach Musik, die noch vor wenigen Jahren als „entartet“ verboten war. In den Ferien wurden Erholungsfreizeiten für kleines Geld angeboten.
Von Menschen für Menschen.
Im Laufe der Jahre entstanden unterschiedliche Fachbereiche: 1952 wurde die Erziehungsberatung eröffnet, die erste Einrichtung dieser Art im Land NRW. In den 60er Jahren kam die Altentagesstätte hinzu, in den 70er Jahren wurde der Anbau für den Kindergarten erstellt und seit 1991 gibt es mit dem Internationalen Begegnungszentrum in der Alten Feuerwache an der Gathe einen zweiten Standort. Gefördert durch das Landesprogramm Soziale Stadt konnte das Nachbarschaftsheim von 1998 bis 2011 nachhaltige Impulse in der Entwicklung des Stadtteils setzen und für sich selbst die Weichen neu stellen.
Neugestaltung des Platz der Republik
2002 begann die Neugestaltung des Platz der Republik nach den Ideen und Wünschen der Stadtteilbewohner*innen. Der Kriegsbunker wurde durch einen Spielplatz ersetzt und die Stadt Wuppertal stellte 2003 das ehemalige Kirchengebäude der Reformierten Gemeinde Elberfeld dem Nachbarschaftsheim für seine Arbeit als freier sozialer Träger zur Verfügung.
Kulturen, Religionen, Generationen friedlich miteinander
Nach dem Abriss der Baracke und des Bunkers wurde der Platz der Republik nach Ideen und Wünschen der Stadtteilbewohner neu gestaltet. Seit 2012 thront die nach historischem Vorbild wieder errichtete Statue auf dem Gerechtigkeitsbrunnen. Das Original war 1944 für die Produktion von Munition eingeschmolzen worden. Heute laden rund um Spiel- und Bolzplätze Bänke auf dem Platz zum Verweilen ein. Mehrmals pro Jahr wird der Platz der Republik zum Festsaal der Stadtteilbewohner*innen, die miteinander feiern und sich bei Flohmärkten und Konzerten in ihrer Vielfalt begegnen.
Im Sinne seiner Gründer*innen ist die Zielsetzung unseres gemeinnützigen Vereins bis heute die soziale, kulturelle und pädagogische Arbeit mit allen Bevölkerungsgruppen auf Grundlage gegenseitiger Achtung und Hilfe. Ca. 70 haupt- und über 200 ehrenamtliche Mitarbeiter*innen engagieren sich heute für ein friedliches Miteinander aller Kulturen, Religionen und Generationen.